Schallwandlung durch Biegewellen
im Instrumentenbau von ca. 1680 bis
heute ...Man würde den
frühen Meistern des
Instrumentenbaus nicht
gerecht, ohne eine Würdigung ihrer Leistungen und Erkenntnisse
an
dieser Stelle vorzunehmen.
Die Erbauer der
legendären Meistergeigen vor allem
aus
Cremona, Italien verstanden es bereits in den Jahren vor 1680, die
Anregung von Biegewellen auf dem Korpus der Violine über den
Steg des Instruments nach klangästhetischen
Gesichtpunkten bis ins Detail zu optimieren. Ihre Instrumente setzen
bis heute Maßstäbe und erzielen daher auf Auktionen
zum Teil astronomische Preise. Dabei wird eine Meistergeige auch heute
nicht etwa wie
ein Museumsstück aufbewahrt, sondern oftmals in die
Hände begabter Künstler
gelegt, damit das Instrument gespielt wird und seine
spezifischen klanglichen Qualitäten erhalten bleiben.
Die
am meisten geschätzten Instrumente aus der Hand Antonio
Stradivaris stammen aus der Zeit von etwa 1698 bis 1725. Die
ersten Geigen von Guarneri del Gesu datieren etwa um 1730. Die
frühen Meistergeigen weisen i.d.R eine hohe
Energie
im Bereich um 2 Khz bis 4 Khz auf, das ist der sog.
"Präsenzbereich" in denen
das menschliche Gehör am empfindlichsten ist. Der spektrale
"Fingerabdruck" der Instrumente scheint auch die Formantstrukur der
menschlichen Gesangsstimme nachzuahmen.
Neben der Handwerkskunst der Meister wird im 16.-18.Jh. auch die
Verfügbarkeit von Instrumentenholz mit sehr geringem Abstand
der Jahresringe und einer geringen Rohdichte als eine wichtige
Komponente zur Erlangung der außerordentlichen
Qualität
dieser Instrumente gesehen. Durch die langen und trockenen Winter
dieser Zeit wuchs das Holz sehr langsam.
Die Verfügbarkeit vergleichbaren Materials ist heute praktisch
nicht mehr gegeben.
Antonio
Stradivari
Guarneri
del GesuSchallwandlung durch Biegewellen
in der
elektroakustischen Ära von 1924 bis
1972
In dem hier betrachteten Zeitraum wurden immer wieder Versuche
unternommen, Biegewellen für die Verwendung in Lautsprechern
nutzbar zu machen. Zum Teil entstanden praxistaugliche Systeme
für
den Heim- oder auch den öffentlichen Bereich, welche eine
gute Qualität gemessen am technischen Stand ihrer Zeit
erreichten.
Obgleich die Zielsetzung bei der
klangästhetischen Auslegung
eines Musikinstruments eine völlig andere ist,
als im Bestreben einen
verfärbungsfreien Lautsprecher mit kontrolliertem Verhalten im
Zeitbereich und möglichst großer Bandbreite im
Frequenzbereich herzustellen, so gibt es doch Parallelen zwischen
beiden Welten.
Diese Parallelen liegen darin begründet, daß die
Physik der Biegewellen auf einer dünnen und
schwingfähigen Platte
oder Membran sowohl für einen Lautsprecher als auch
für ein Musikinstrument prinzipiell dieselbe ist. Gleich das
erste Beispiel eines Biegewellenlautsprechers
illustriert diese Parallele auf originelle Weise:
1924
Lautsprecher "Tonspiegel" der Ibach Piano Manufaktur von F. Wilhelm, K.
J. Müller, K. W. Ibach
Es handelt sich um
einen Biegewellenlautsprecher, welcher aus
Instrumentenholz gefertigt wurde. Die kreisförmige Membran
erhielt - vermutlich zur Veränderung der Modenverteilung und
auch aus
dekorativen Gründen - zwei F-Schalllöcher. Die
Anregung der
Membran erfolgt im Zentrum über einen elektromagnetischen
Wandler,
dessen Aufbau mit einer damaligen Telefonhörkapsel
vergleichbar
ist.
Radiomuseum:
Ibach Tonspiegel1927
Schaufensterscheibe
als Biegewellenmembran von Wilhelm Bauch, Berlin
Das
Patent beschreibt eine Schaufensterscheibe,
die an einer günstigen und zugänglichen Stelle,
welche typischerweie außerhalb der Mitte liegt, von
einem dynamischen Antrieb mit punktueller Krafteinleitung zu
Biegeschwingungen angeregt wird. Der punktuelle Kontakt wird aus
praktischen Gründen über den Anpressdruck des
anregenden Stiftes an die Scheibe erreicht, welche dadurch
eine geringe mechanische Vorspannung
erhält. Es ist daher keine feste Montage des Stiftes an der
Scheibe erforderlich.
1962
Biegewellenlautsprecher von
Glenn E. Warnaka
Eine
Kompositplatte mit Wabenkern wird als Biegewellenmembran verwendet. Die
Membran ist als rechteckige Form ausgeführt und wird in einem
Rahmen aufgehängt, wo sie von einem Anreger in Schwingung
versetzt
werden kann.
Warnaka
Patent1969
Konusförmiger
Biegewellenwandler mit Rundum Abstrahlung von Lincoln Walsh
Hier
handelt es sich um den in Audio Kreisen bekannten
konusförmigen Biegewellenwandler, welcher in den
amerikanischen OHM F Lautsprechern eingesetzt wurde.
Ein aufrechtstehend auf einem Gehäuse montierter
Konus wird an der Spitze durch eine Schwingspule zu
Biegeschwingungen angeregt, welche sich zur offenen Seite
des Konus hin ausbreiten. Das System arbeitet als
Rundumstrahler. Schallwandler dieser Bauart finden in
weiterentwickelter
Form bis heute Anwendung.
Walsh
Patent1972
Biegewellenlautsprecher mit rechteckiger
Komposit-Flachmembran von Jose J. Bertagni
Der
Bertagni Biegewellenwandler ist ebenfalls ein sehr
elaboriertes Design. Es handelt sich um einen
Breitbandlautsprecher mit rechteckiger
Flächenmembran. Es werden verschiedene
Techniken angewandt, um die Ausbreitung von
Biegewellen auf der Membran zu beinflussen und
gleichzeitig die benötigte Dämpfung
bereitzustellen.
Das System verwendet
Vorspannung der Membran orthogonal zur
Krafteinleitung
Variation von Steifigkeit und Dichte
der Membran im Verlauf vom Zentrum hin
zu den Rändern
Variation der Granularität des
Membranfüllmaterials
Anbringung von dämpfenden Komponenten
Einen asymmetrisch angebrachten und
speziell ausgeformten Anregungspunkt
Anregung über einen dynamischen
Schwingspulenantrieb
Das nachfolgend gezeigte Beispiel wurde
von der Firma Fisher produziert.
Bilder
zum Bertagni Biegewellenwandler