Model 2 - Messungen unter Wohnraumbedingungen



Der Vollbereichs-Flächenstrahler

'Model 2'

Ein messtechnischer Überblick


© Oliver Mertineit







Raumsituation

Die hier gezeigten Messungen zeigen die Situation im aktuellen Präsentationsraum, der sich mit seiner Nachallzeit eher an einem "Durchschnittswohnzimmer" orientiert und nicht etwa an einem Tonregieraum.


Gedanken zur Messtechnik

Wer die bisherige Beschreibung des bereits angekündigten Model 2 schon gelesen hat wird sich vielleicht gefragt haben, wie die dort beschriebenen klanglichen Eigenschaften messtechnisch dokumentiert werden können.

Darüber habe ich mir Gedanken gemacht und bin im Verlauf zu teils unkonventionellen aber pragmatischen Lösungen gekommen. Messungen im schalltoten Raum aber auch Messungen in gewöhnlichen Hörräumen mit vergrößerten Boden- und Wandabständen des Lautsprechers und zeitlicher "Fensterung" der Impulsantwort, welche in der Lage ist Reflexionen an Begrenzungsflächen auszublenden, liefern je nach konkreten Messbedingungen oft ein unvollständiges oder unrealistisches Bild vom Verhalten eines Lautsprechers.

Auch bei der Vermessung eines gewöhnlichen Mehrwege-Standlautsprechers führt es zu unrealistischen Ergebnissen Bodenreflexionen auszublenden, denn der LS wird beim Hörer zuhause wie vorgesehen auf dem Fußboden des Hörraums betrieben werden. Reflexionen, welche von einem LS mit nur einem einzelnen Basschassis auf einer gewissen Höhe über dem Boden hervorgerufen werden und sich normalerweise im mittleren bis oberen Bassbereich als Einbrüche im Frequenzgang bemerkbar machen, gehören bei einem exemplarischen Lautsprecher so untrennbar dazu, als wären sie von einer an den LS quasi angebauten Fläche verursacht. In einem wirklichen schalltoten Raum auf einem hohen Gitter stehend zu messen liefert zwar ein Messergebnis ohne diese Reflexionen, ein vergleichbares Ergebnis wird später aber in keinem realen Hörraum zu erreichen sein. Die Verhältnisse im Bassbereich sind unter solchen Messbedingungen auch deshalb unrealistisch, weil durch fehlende Begrenzungsflächen der Strahlungswiderstand geringer ausfällt. Einen LS unter reflexionsarmen Bedingungen auf einen flachen Frequenzgang im Bassbereich abzustimmen, ergibt daher in gewöhnlichen Wohnräumen meist eine erhebliche Überbetonung des Bassbereichs.

Werden andererseits bei einer Messung zu viele Raumeinflüsse durch spätere Reflexionen an Seitenwänden und Decke zugelassen, dann leidet die Vergleichbarkeit des wichtigen Direktschallanteils eines LS mit den publizierten Messungen anderer LS. Die Vergleichbarkeit von Messungen und deren praktische Relevanz ist aber ohnehin schon geringer als man gerne annehmen würde, denn nur unter genauer Kenntnis von verwendeten Messbedingungen, Geräten, Software, gewählten Glättungsverfahren usw. sind zwei Amplitudenfrequenzgänge überhaupt vergleichbar, wenn sie nicht im selben Raum von derselben Person unter Einhaltung sehr ähnlicher Bedingungen aufgenommen wurden. Selbst geringe Änderungen der Mikrofonposition können insbesondere einige Mehrwege LS messtechnisch anders aussehen lassen: Gut gemeinte Konventionen wie "immer auf der Höhe des Hochtöners messen" helfen nicht immer wirklich weiter. Man wird nicht jedem LS damit gerecht, denn manche Hochtöner von Standlautsprechern liegen bei normaler Sitzposition des Hörers fast auf Ohrhöhe andere jedoch nicht. Wird dann ein Mehrwege LS unter einem anderen vertikalen Winkel abgehört als gemessen, dann ergeben sich allein daraus möglicherweise deutliche Unterschiede im Mittel- Hochtonbereich, weil besonders der Übernahmebereich unterschiedlicher Chassis oft einen winkelabhängigen Schalldruck produziert.

Dies sind nur wenige einfache aber bereits gute Gründe dafür, messtechnische Ergebnisse in der Elektroakustik nicht mit allzu großem Eifer zu Vergleichszwecken heranzuziehen, wenn man die Messungen nicht selbst durchgeführt hat und daher alle relevanten Gegebenheiten und notwendigerweise eingegangenen Kompromisse genau kennt.

Ich habe mich für eine kombinierte Herangehensweise entschieden, bei der lediglich einige Basiseigenschaften im Nahfeld - also mit reduziertem Raumeinfluss - gemessen werden. Dazu werden hier drei unterschiedliche Rahmenbedingungen unterschieden:

Grenzflächenmessung, reflexionsarme Bedingungen

Der Lautsprecher steht an seiner normalen Position im Raum. Das Mikrofon wird unmittelbar auf dem Boden als Grenzflächenmikrofon eingesetzt, um Bodenreflexionen auszublenden. Boden und nächste Seitenwand werden zusätzlich mit ca. 20cm starken Matten aus weichem Filz abgedeckt. Reflexionen von entfernteren Wänden werden durch zeitliche Begrenzung in der Auswertung der Impulsantwort ausgeblendet.

Nahfeldmessung ohne zusätzliche Absorption (optional mit bewegtem Mikrofon)

Der Lautsprecher steht an seiner normalen Position im Raum, das Mikrofon wird in gewünschter Höhe über dem Boden von einem Stativ gehalten. Der Raum ist dabei gegenüber normalen Abhörbedingungen unverändert.

Raummessung in abhörähnlicher Situation

Hier wird mit Hörabständen meist über 2m gemessen und es werden keinerlei Maßnahmen zur Unterdrückung von Reflexionen getroffen. So wird u.a. auch die Situation beim stereophonen Hören mit beiden Lautsprechern untersucht. Auf das sonst übliche Zusammenfügen von Messkurven aus Nahfeld- und zeitlich "gefensterten" - also "quasi reflexionsfreien" - Bedingungen in einer gemeinsamen Grafik wird hier bewusst verzichtet.


Der Hörraum zum Zeitpunkt der Messung

Nachhallzeit T30


Die gemessenen Nachhallzeiten in eingerichteten deutschen Wohnzimmern sind in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen, was wohl hauptsächlich auf eine Veränderung des mehrheitlich bevorzugten Einrichtungsstils zurückzuführen ist. Räume der Volumenklasse um 60cbm haben demnach meist Nachhallzeiten zwischen 0,45s und 0,7s im Frequenzbereich 250 ... 500Hz. Der hier verwendete Raum lag also zum Zeitpunkt der Messung durchaus im Mittelfeld, hat jedoch zu tiefen Frequenzen hin eine kürzere Nachhallzeit, wie sie für eine (Teil-) Ausstattung mit geeignet aufgehängten und hinterfütterten Trockenbauwänden typisch ist. Diese tendenzielle Frequenzabhängigkeit der Nachhallzeit wird u.a. für Musikübungsräume empfohlen.


Grenzflächenmessung, reflexionsarm: Sprungantwort

Sprungantwort reflexionsarm



Grenzflächenmessung, reflexionsarm: Amplitudenspektrum

Amplitudenspektrum


Grenzflächenmessung, reflexionsarm: Kumulatives Zerfallsspektrum (CSD)

Kumulatives Zerfallsspektrum


Grenzflächenmessung, reflexionsarm: Burst Decay

Burst Dacay



Grenzflächenmessung, reflexionsarm: Gruppenlaufzeit

Gruppenlaufzeit


Nahfeldmessung: Sprungantwort

Model 2, Sprungantwort im Nahfeld


Diese Sprungantwort wurde in 30cm Abstand und ca. 60cm über dem Boden "auf Achse" des LS mit einem omnidirektionalen Messmikrofon aufgenommen. Die Messung schließt daher bewusst evt. vorhandene Bodenreflexionen und mögliche Beugungseffekte an Rahmen und Berandung des LS mit ein. Der LS stand in normaler Abhörposition auf dem Boden und in ca. 80cm Entfernung zu einer Seitenwand.

Der großflächige Vollbereichs-Biegewellenwandler des 'Model 2' präsentiert sich auch unter realen Aufstellungsbedingungen als "zeitrichtiger" Schallwandler. Signaldeformationen durch Einschwingvorgänge unterschiedlicher Chassis, wie sie bei konventionellen Mehrwege Systemen meist auffallen, sind ebensowenig erkennbar wie solche durch Beugung oder Reflexion am Lautsprecher selbst oder am Boden. Der Schalldruckverlauf entspricht weitestgehend der Idealform einer Rampe mit steil ansteigender Flanke und nachfolgend flacherem Abfall. Ein- und Ausschwingverhalten des Wandlers sind damit auch unter realen Abhörbedingungen hervorragend.


Mittelwert des "frontalen Hörfensters" in 1,2m Entfernung mit bewegtem Mikrofon

Hier wird zu einer ungewöhnlichen Methode der räumlichen Erfassung und Mittelung des wichtigen "frontalen Direktschall-Hörfensters" gegriffen, welche sich im Verlauf meiner langjährigen Arbeit besonders in der Entwicklung von Biegewellen Schallwandlern sehr bewährt hat:

Die Klammer des sog. "Galgens" am Mikrofonständer wird gelockert und das Mikrofon in Form einer liegenden Acht kontinuierlich geschwenkt. Der hier überstrichene Winkelbereich zur Achse des Lautsprechers beträgt ca. 20 Grad horizontal und 10 Grad vertikal. Weißes Rauschen als Testsignal wird über etwa eine halbe Minute erfasst und dessen Spektrum über alle währenddessen durchlaufenen Mikrofonpositionen gemittelt. Das Mikrofon wird dabei etwa alle 2 Sekunden durch die liegende Acht geführt. Eine weitere rechnerische Glättung des erhaltenen Spektrums erfolgt nicht. Die so erhaltenen Spektren sind trotz des anfänglichen "ad hoc" Charakters der Methode sehr gut reproduzierbar und geben einen stabilen Mittelwert des Schalldruckfrequenzgangs im Bereich der wichtigsten Abhörwinkel wieder.

Der gewählte Abstand von 1,2m ist geringfügig größer als der sonst übliche Meßabstand für Amplitudenfrequenzgänge. Ein Raumanteil durch Boden und ggf. Seitenwand ist jedoch vorhanden, auch wenn die Ergebnisse bei diesem LS und der angewandten Methode relativ wenig davon beeinflusst werden.

Anmerkungen zur Abstimmung

U.a. bei Untersuchungen von Produkten zur "Raumkorrektur" trat zutage, daß die von erfahrenen Hörern als neutral oder bevorzugt bewertete Raumkurve nicht flach verläuft, sondern eine fallende Tendenz hat, vgl. hierzu Dr. Sean Olive, Bilder 23 u. 24. Auch Untersuchungen des Meßgeräte- und Mikrofonherstellers Bruel & Kjaer kommen zu dem Ergebnis, daß die von einem Lautsprecher erzeugte Schalldruckkurve in einem Wohnraum oberhalb etwa 200 Hz eine fallende Tendenz haben sollte.

Messtechnischer und auditiver Eindruck während der Feinabstimmung von Model 2 haben diese Erkenntnisse erneut bestätigt. Wie die Kurve konkret beschaffen sein muss, hängt dabei auch vom Rundstrahlverhalten des Lautsprechers ab.

Da Model 2 bei hohen Frequenzen keine mit der Frequenz zunehmende Bündelung aufweist, wie dies bei üblichen Mehrwege Lautsprechern und deren Hochtönern der Fall ist, erfordert dieser Zusammenhang besondere Beachtung. Weicht ein Heimlautsprecher bewusst von einer zunehmenden Richtwirkung bei hohen Frequenzen ab, wie sie bei den meisten Studiomonitoren üblich ist, welche unter Regieraumbedingungen verwendet werden, so muss in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer Diffusfeldentzerrung in einer dem Rundstrahlverhalten des Lautsprechers angepassten Form berücksichtigt werden.

Verschiedene Formen und Ausprägungen der Diffusfeldentzerrung sind eher aus dem Einsatz in hochwertigen Kopfhörern bekannt, da hier beim Hören u.a. die Filterfunktion der Ohrmuschel für verschiedene Schalleinfallswinkel entfällt und dennoch eine ausgewogene Balance innerhalb des hörbaren Frequenzbereichs hergestellt werden muss.

Bei Model 2 entspricht der Energiefrequenzgang - die insgesamt in alle Richtungen abgestrahlte Schallenergie über der Frequenz - weitgehend dem Amplitudenfrequenzgang auf Achse. Um so deutlicher hätte ein flacher Amplitudenfrequenzgang in Kombination mit einem ebensolchen Energiefrequenzgang ein übermäßig höhenbetontes Klangbild am Hörplatz zur Folge. Daher kommt hier zunächst eine Orientierung an der von Zwicker und Fastl veröffentlichten Lautheitskurve in Betracht, welche eine Relation des Lautheitsempfindens bei frontalem Schalleinfall gegenüber diffusem Schalleinfall aus mehreren Richtungen in Abhängigkeit von der Frequenz herstellt. Diese Kurve legt ebenfalls eine breitbandige Absenkung im Bereich um 10Khz nahe.

Eine relative Anhebung hierzu im Bereich um 7Khz erschien wünschenswert, da der Schallentstehungsort der Lautsprecher aufgrund der kompakten und relativ niedrigen Bauform einen leicht negativen Erhebungswinkel zum Hörplatz hat. Die "auditive Bühne" könnte demnach als geringfügig nach unten versetzt wahrgenommen werden, was über die richtungsbestimmenden Frequenzbänder (vgl. Blauertsche Bänder) mit einer leichten Anhebung des Bereiches um 7Khz gehörphysiologisch ausgeglichen werden kann. Die natürliche Anhebung dieses Frequenzbereiches durch die Ohrmuschel, welche bei einem größerem Erhebungswinkel eintreten würde, wird dabei vom Lautsprecher übernommen. Dies ist ein möglicher kreativer Griff im Rahmen einer Feinabstimmung, welcher aber nicht übertrieben werden sollte. Die gezeigte Anhebung in Option II erscheint demnach noch etwas zu hoch, denn der ohne Anhebung subjektiv möglicherweise empfundene leichte Mangel an Brillanz in diesem Frequenzbereich soll nur ausgeglichen, nicht jedoch überkompensiert werden.

Die derzeit wählbaren Feinabstimmungen offenbaren grundsätzlich einen grundtonwarmen aber gleichzeitig präsenten und in der Brillanz ausgewogenen Charakter (s.u. Option I für den aktuellen Vorführraum).

Entscheidungen über solche Feinheiten erfordern nicht selten verteilte Hörsitzungen über mehrere Tage oder auch Wochen, um zu einem tragfähigen Ergebnis zu gelangen, denn ein ausgewogener Präsenz- und Brillanzbereich tragen viel zu einem ermüdungsfreien Hören bei. Gerade die etwas subtileren Optionen können niemals allein messtechnisch entschieden werden. Genau sie machen sich aber in diesem konkreten Frequenzbereich u.a. bei Musikaufnahmen bemerkbar, die in Bezug auf Sibilanz (scharfe oder leicht überbetonte Zischlaute bei Gesangsaufnahmen, auch Effekte durch das Mikrofon und seinen Verstärker kommen vor) "grenzwertig" sind. Wenn ein Lautsprecher hier von der Grundauslegung her unausgewogen ist, einen rauhen Amplitudenfrequenzgang oder ein inkonsistentes Rundstrahlverhalten aufweist, dann "kippen" kritische Passagen einiger Aufnahmen bereits ins Unnatürliche oder sogar Unangenehme um, obwohl sie es nicht müssten. Zur Rolle eines ausgewogenen Präsenz- und Brillanzbereichs ebenso für die räumliche Abbildung vgl. auch die auditive Beschreibung der Wiedergabeeigenschaften.




Gemittelter Schalldruckfrequenzgang durch bewegtes Mikrofon in 1,2m Entfernung,
Winkelbereich ca. +/- 20 Grad horizontal und +/- 10 Grad vertikal
, Option I




Gemittelter Schalldruckfrequenzgang durch bewegtes Mikrofon in 1,2m Entfernung,
Winkelbereich ca. +/- 20 Grad horizontal und +/- 10 Grad vertikal
, Option II

Im Tieftonbereich macht sich ein gewisser Einfluss von Raummoden bemerkbar, die auch aufgrund ihrer großen Wellenlängen nicht durch die kleinräumigen Bewegungungen des Mikrofons ausgemittelt werden können.


Nahfeldmessung: Amplitudenfrequenzgang unter vertikalen Winkeln

Hier wurde bei einem Messabstand von ca. 95cm die Höhe der Mikrofonposition verändert
Model 2 Vertikale Abstrahlung

Schalldruckfrequenzgang in 95cm Abstand bei unterschiedlicher Höhe des Mikrofons über Boden

In der vertikalen Richtung ergeben sich im Bassbereich in der Nähe des Lautsprechers Unterschiede, die auf Richtwirkung sowie Anregung von Raummoden zwischen Boden und Zimmerdecke und zurückzuführen sind.

Entscheidend ist aber hier vor allem die hervorragende Konsistenz der Abstrahlung unter unterschiedlichen vertikalen Winkeln im Bereich der mittleren und hohen Frequenzen. Dadurch entsteht eine gleichbleibende Tonalität für alle Sitzhöhen und Körpergrößen von Hörern, was auch für eine aufrecht stehende Position innerhalb üblicher Abhörentfernungen gilt. Dies ist eine Eigenschaft, die mit Lautsprechern im allg. kaum erreicht wird, obwohl sie gerade im Heimbereich von sehr hoher Praxisrelevanz ist: Abhörentfernungen von typischerweise wenigen Metern bewirken bei Veränderungen der Höhe deutliche Veränderungen des Abhörwinkels in vertikaler Richtung.


Nahfeldmessung: Amplitudenfrequenzgang und Phase unter horizontalen Winkeln

Model2 Frequenzgang unter horizontalen Winkeln


Schalldruckverlauf unter horizontalen Winkeln, Mikrofonabstand 0,95 m

Gemessen wurden hier Schalldruck- und Phasenverlauf unter den horizontalen Winkeln
Eine Glättung der Kurven ist in 1/3 Oktav Intervallen gewählt.

Im Bassbereich ist ein höherer Schalldruck auf Achse zu beobachten. Die Richtwirkung im Bereich tiefer Frequenzen ist Resultat der Dipolcharakteristik des Lautsprechers im Bassbereich. Bis etwa 400Hz nähern sich die Kurven allmählich an und verlaufen oberhalb auf ähnlichem Niveau. Der Lautsprecher vollzieht damit einen sehr stetigen und unmerklichen Übergang von einem Dipolstrahler zu einer annähernd omnidirektionalen Schallquelle.

Erst im Hochtonbereich oberhalb 4Khz sinkt die Differenz der Kurven dann endgültig auf unter 4dB und es findet eine praktisch omnidirektionale Abstrahlung - d.h. ohne merkliche Richtwirkung - statt. Eine derart konsistente räumliche Abstrahlcharakteristik ohne ausgeprägte Diskontinuitäten über einen weiten Frequenz- und Winkelbereich ist äußerst ungewöhnlich. Für den Zusammenhang zwischen der empfohlenen Aufstellung der Lautsprecher und ihrer Abstrahlcharakteristik ist auch der entsprechende Abschnitt der klanglichen Beschreibung relevant.



Model2 Phase unter horizontalen Winkeln

Phasenverlauf unter gleichen Messbedingungen, Färbung der Kurven wie oben

Trotz des im Mittel- Hochtonbereich sehr ähnlichen Schalldruckfrequenzgangs unter verschiedenen horizontalen Winkeln, ergibt sich ab ca. 150 Hz beginnend eine mit dem horizontalen Winkel zunehmende Phasendekorrelation. Diese tritt oberhalb ca. 2 Khz noch deutlicher zutage und führt dazu, daß im Hochtonbereich zu den Seiten hin eine in Bezug auf die Hauptachse zunehmend phasendekorrelierte Version des Signals abgestrahlt wird.

Dieses Abstrahlverhalten ist deshalb optimal, weil für tiefe bis mittlere Frequenzen die Phaseninformation zwischen beiden Stereokanälen selbst für größere Winkel außerhalb der Lautsprecherachse beim Nahfeldhören erhalten bleibt, während bei Frequenzen oberhalb 2 Khz das Hauptaugenmerk besonders bei merklichen Abweichungen der Hörposition von der Stereomitte  auf einem auch für größerere Winkel konsistenten Amplitudenfrequenzgang bis in den äußersten Hochtonbereich liegt, wo eine reine Phasendifferenz zwischen den Stereokanälen gehörphysiologisch bedingt ohnehin nicht mehr zur Lokalisation von Phantomschallquellen herangezogen werden kann. Im Hochton kommt es vielmehr darauf an, eine konsistente Intensitätsinformation zwischen den Stereokanälen zu übertragen und Interferenzeffekte zwischen den Lautsprechern selbst und den Wänden des Hörraums zu minimieren. Dies ist nur durch eine kontrollierte Phasendekorrelation zu leisten, welche winkelabhängig und bei beiden Lautsprechern symmetrisch zur Stereomitte ausgebildet ist. Die sonst übliche Ortbarkeit der Lautsprecher als Schallquellen bei bestimmten höhenbetonten Signalen wird dadurch ebenfalls minimiert.


Beide Lautsprecher im Stereodreieck

Hier wird mit Bezug auf den vorangegangenen Abschnitt demonstriert, wie sich der Schalldruckverlauf mit weißem Rauschen aus linkem und rechtem Lautsprecher - gemeinsam und in Phase - an einem möglichen Hörplatz in ca. 3m Entfernung gestaltet. Mit üblichen (winkelunabhängig phasenkohärenten und im Hochtonbereich bündelnden) Lautsprechern wäre ein ausgewogenes Ergebnis nur für eine exakte Mittelposition des Hörers zu erwarten. Daher soll hier zusätzlich auch mit seitlichem Versatz der Hörposition gemessen werden.

Diese Messreihe gibt u.a. Hinweise auf die Stabilität der räumlichen Abbildung bei Variationen der Abhörposition eines gedachten Hörers und auf die tonale Konsistenz einer Phantomschallquelle bei der Wiedergabe stereophoner Aufnahmen.

50cm Versatz von der Stereomitte ist dabei ein beachtliches Maß, das bei 3m Abhörentfernung nicht zu empfehlen ist, um eine völlig aufnahmegrechte Lokalisation der Phantomschallquellen zu erreichen. Trotzdem soll auch hier die Tonalität von Phantomschallquellen möglichst erhalten bleiben, denn es handelt sich u.a. um ein realistisches Szenario für das Hören mit mehreren Personen in einem Raum.


Model2 weißes Rauschen beide LS in Phase

Schalldruckfrequenzgang beider Lautsprecher mit gleichphasigem weißen Rauschen
beider Stereo Kanäle. Mikrofon an möglichem Hörplatz in Stereomitte ca. 3m von
den Lautsprechern entfernt.




Model 2 weisses Rauschen beide LS in Phase

Wie oben, Hörplatz jedoch ca. 50cm links von der Stereomitte versetzt.


Model 2 weisses Rauschen beide LS in Phase

Wie oben, Hörplatz jedoch ca. 50cm rechts von der Stereomitte vesetzt.



Erläuterungen

Die drei Messungen beschränken sich auf den Frequenzbereich des Raums, in dem modales Verhalten (Raumresonanzen im Bassbereich) keine Rolle mehr spielt. Der Glättungsalgorithmus der hier verwendeten Software stellt keine fallende Tendenz des Frequenzgangs oberhalb 200Hz dar, wie dies in den vorangegangenen Messungen der Fall war, in denen eine andere Software verwendet wurde. Dies ist in diesem Zusammenhang jedoch von nachrangiger Bedeutung, da es hier nur um einen Vergleich der Stereomitte zu einem seitlichem Versatz des Mikrofons geht.

Die Lautsprecher liefern dabei in der Stereomitte einen sehr ruhig verlaufenden Frequenzgang. Die Unterschiede bei seitlichem Versatz sind vergleichsweise gering und führen zu keiner relevanten tonalen Veränderung von Phantomschallquellen.

Es lassen sich hier jedoch messtechnisch geringfügige Unterschiede zwischen einem Versatz nach links und nach rechts erkennen: Diese sind auf eine kleine Asymmetrie des Hörraums zurückzuführen, denn auf der rechten Seite hinter dem Hörer ist ein Wandabschnitt  als Reflexionsfläche merklich näher als links.



Nachkontrolle des Bassbereichs von 30Hz bis 300Hz im Stereo Dreieck bei ca. 2,5m Hörentfernung

Da die bisherigen Messungen teilweise eine Senke im mittleren Bassbereich nahelegten, wurde die Dekade von 30Hz bis 300Hz nochmals überprüft. In diesem Frequenzbereich werden Schallwellen in der Nähe originalgetreuer Lautstärken nicht nur gehört, sondern sind nicht zuletzt auch körperlich spürbar.

Es ist bekannt, daß hier schmalbandige Einbrüche im Frequenzgang weniger subjektiven Einfluss haben als Peaks, welche ebenfalls durch Raummoden verursacht werden. Messergebnisse unter Verwendung einer Glättung bezogen auf konstante 1/n Oktav Intervalle liefern bei üblicher Software nicht immer ein verlässliches Korrelat der empfundenen spektralen Energieverteilung im Hörraum, denn die Auswertung des Gehörs ist durch Frequenzgruppen gekennzeichnet, die in der Bark- bzw. ERB Skala repräsentiert sind. Diese werden in den Glättungsalgorithmen jedoch nicht herangezogen und auch grafisch wird dieser Zusammenhang durch eine logarithmische Teilung der gesamten Frequenzachse nicht entsprechend wiedergegeben.

Es wurde am Hörplatz mit einem bewegten Mikrofon gearbeitet und die Außenkontur des sitzenden Hörers (Kopf und Oberkörper) kontinuierlich mehrmals umfahren. Gespeichert wurden jeweils die Maxima des Schalldrucks für jede Frequenz unter Verwendung von weißem Rauschen.

Die resultierende Kurve ist erwartungsgemäß durch Raumeinflüsse und auch das gewählte Verfahren nicht sehr glatt, aber insbesondere die Umgebungen der Peaks geben ein brauchbares Korrelat über die empfundene Balance zwischen mittlerem- und oberem Bassbereich sowie der Transition in den unteren Mittelton wieder und tragen ebenso dem körperlich spürbaren Eindruck Rechnung.

Das Verfahren gab Anlass für eine weitere dezente Korrektur der Einstellung des Anpassungsnetzwerks und der Position beider Lautsprecher im Raum. Dieser Frequenzbereich unterliegt weiterhin merklichen Einflüssen durch Veränderungen im Raum wie etwa dem Verschieben von Möbeln oder dem Öffnen von Türen.

Bass Stereo Distanz 2,5m Peak Hold

Dekade von 30Hz bis 300Hz, Stereo Dreieck mit LS in ca. 2.5m Abstand, bewegtes Mikrofon, Peak Hold Modus


Es zeigt sich nun, daß die unteren 3 Frequenzgruppen der Bark Skala [0..100Hz], [100..200Hz], [200..300Hz] am getesteten Hörplatz in ausgewogener Form repräsentiert sind. Dies bestätigt den gehörmäßigen Eindruck einer qualitativ sehr hochwertigen Basswiedergabe im Hörraum.


Stereophone Differenzmessung nach Korrektur von Lautsprecherposition und Anpassungsnetzwerk:

Differenzmessung nach Anpassung

Differenz am Hörplatz nach angewandter Korrektur


Der Frequenzbereich mit der größten Veränderung markiert für viele Räume den Übergang vom modalen (resonanten) zum statistischen Verhalten und bedarf daher aufgrund raumspezifischer Unterschiede nicht selten einer besonderen Aufmerksamkeit (vgl. Schröderfrequenz).



Nahfeldmessung: Harmonische Verzerrungen

Model 2, harmonische Verzerrungen K2

K2 nahe der mechanischen Vollaussteuerung

Die K2 Komponente ist mit einer Klirrdämpfung zwischen -55 dB und -40 dB im hörbaren Bassbereich auch noch nahe der Vollaussteuerung des Schallwandlers sehr gering.


Model 2, harmonische Verzerrungen K3

K3 nahe der mechanischen Vollaussteuerung

Die K3 Komponente gilt oft als gehörmäßig auffälliger als die K2 Komponente. Sie ist hier im oberen Bassbereich und im Hochton etwas geringer als der K2.




Zusammenfassung

Besonders in der Interaktion mit den Hörplätzen im Raum beantwortet Model 2 auch in messtechnisch belegbarer Form eine Reihe von Fragen durch das verwendete Wandlerprinzip und ausgewogene Details der Auslegung. Diese Fragen werden meist weder in der Konstruktion noch in der Bewertung verbreiteter High End Lautsprecher mit dem gebotenen Nachdruck gestellt. Exemplarisch aufzuzählen sind hier u.a. folgende kritische Punkte, die sich in ihrer Relevanz jedem passionierten Hörer durch längere Hörerfahrung erschließen:

Und nicht zuletzt: