Motivation
Der einzigartige Vollbereichs
Biegewellenwandler
Model
2
hat bereits viele Hörer begeistert. Der
Begeisterung
standen bei manchen Hörern jedoch der Fertigungsaufwand und die damit verbundenen Kosten eines solchen Systems entgegen.
Deshalb
stellte ich mir nun im Sommer 2013 die Frage:
"Wäre
es möglich, entscheidende Eigenschaften im Abstrahlverhalten eines
Biegewellen
Lautsprechers nach o.g. Vorbild zu erreichen oder gar zu übertreffen, indem man eine Vielzahl kleiner und entsprechend
modifizierter konventioneller Schallwandler verwendet und diese in
geeigneter Weise ansteuert ?"Da
die akustischen Eigenschaften des
Model 2 und seine Interaktion mit dem
Hörraum messtechnisch gut erfasst sind, können vorhandene
Messdaten und
Erfahrungswerte als Basis für das neue Projekt genutzt werden.
Speziell die Eigenschaften im
Mittel- und Hochtonbereich sollen in wichtigen Aspekten
gezielt aufgenommen und nach Möglichkeit sogar verfeinert werden:
- Phasenkohärente
Abstrahlung auf der Hauptachse jedoch mit größeren Winkeln
sanft zunehmende Phasendekorrelation
- Die
Hochtonbündelung soll so gering ausfallen, daß
hieraus keine Einschränkung des Hörplatzes
(Sweetspot) entsteht
- Keine Übernahmefrequenzen im kritischen Mittel- Hochtonbereich wie bei konventionellen Mehrwegelautsprechern
- Dadurch homogenes Rundstrahlverhalten und realitätsnahe Wiedergabe u.a. von Gesang und Musikinstrumenten
- Hervorragendes Einschwingverhalten
und geringe Gruppenlaufzeiten im Direktschall
- Sehr geringe nichtlineare
Verzerrungen
Diese
Eigenschaften tragen der Auffassung Rechnung, daß nach allen
Richtungen phasenkohärent abstrahlende Lautsprecher
ein für übliche Wohnräume ungünstiges Konzept sind. Die in üblichen Wohnräumen
deutlich mangelhafte Diffusivität des frühen Nachhalls, welche von ganz oder teilweise glatten
Böden, Wänden und Decken herrührt, wird bei
diesem Ansatz durch eine sanft zunehmende Phasendekorrelation des
Lautsprechers außerhalb der Hörachse aufgefangen:
Die
ungünstige Auswirkung der frühen Reflexionen im Hörraum
auf die gehörmäßige Figur-Hintergrund Trennung einer zu
reproduzierenden akustischen Szenerie wird im Mittel-
Hochtonbreich dadurch umgangen, daß die sonst
"lautsprechertypische" enge zeitliche
Korrelation zwischen der Abstrahlung zum Hörer einerseits und der
Abstrahlung in die Breite und Höhe des Raums andererseits auf eine
kontrollierte
Weise aufgelöst wird, welche die spektrale Balance - die ihren
Niederschlag in der Ausgewogenheit von Klangfarben findet - im
Nachhallanteil des Raums bewahrt.
Die
Perzeption des Direktschalls wird nun weniger durch Raumreflexionen
beeinträchtigt und dem Hörerlebnis in
akustisch hervorragend ausgestatteten Räumen angenähert,
welche u.a. gut wirksame Diffusoren an Wänden und Decke aufweisen.
Dies
trägt ebenso zu einem entspannten Langzeithören bei. Mit dem
Ansatz sind aufnahmeseitig vorhandener Nachhall und Rauminformation
wesentlich glaubhafter darstellbar als mit
Lautsprechersystemen, welche z.B. nur sehr einseitig auf Richtwirkung
allein setzen, um die akustischen Probleme üblicher Wohnräume
zu umgehen. Auch wird der Hörer nicht auf einen allzu eng
umgrenzten Platz eingeschränkt. Es kann auch für mehrere
Hörer an unterschiedlichen Plätzen im gleichen Raum ein
qualitativ hochwertiges Hörerleben stattfinden.
Zusammenfassung des Konzepts
Eine
sinnvolles Maß an Richtwirkung (Bündelungsmaß) wird
mit einer sehr fein abgestuften Phasendekorrelation außerhalb der
Hauptachse der Schallabstrahlung kombiniert. So ensteht ein neuartiges
Rundstrahlverhalten, das den Lautsprecher für das menschliche
Gehör wesentlich weniger auffällig mit dem Hörraum
interagieren lässt.
Unerwünschter
"Lautsprecherklang" ist in vielen seiner Erscheinungsformen nichts
anderes als ungünstige Lautsprecher/Raum
Interaktion. Für diesen Zusammenhang ist nicht primär das
technische Wirkprinzip eines Lautsprechers entscheidend (wie z.B.
Elektrostat, Bändchen, Dynamischer Lautsprecher), sondern sein
Rundstrahlverhalten in allen räumlichen und zeitlichen Aspekten.
Dazu zählt auch die räumliche und zeitliche Feinstruktur der
Abstrahlung, welche mit den üblichen Messverfahren aufgrund
mangelnder räumlicher Auflösung und üblicher
Mittelwertbildung meist nicht angemessen erfasst wird.
Von
bestimmten Bauformen des Biegewellenlautsprechers kann gelernt werden,
wie sich diese Lautsprecher/Raum Interaktion für das menschliche
Gehör - das letztlich im Mittelpunkt steht - störungsfreier
gestalten lässt. Der
Virtuelle Biegewellen-Lautsprecher
kann diese nützlichen Teilaspekte der räumlichen
Schallabstrahlung mit speziell dafür entwickelter konventioneller
Schallwandlertechnik z.T. sogar leichter abbilden. Denn die extrem
komplizierte und
daher oft kompromissbehaftete Auslegung von Kompositmaterialien
für eine hochwertige "reale" Biegewellenmembran entfällt zum
großen Teil. Einige Artefakte, welche bei
Biegewellenlautsprechern durch konstruktive Maßnahmen aufgefangen
werden müssen, treten beim hier verfolgten Konzept erst gar nicht
auf.
Ein
virtueller Biegewellenlautsprecher beginnt daher als Rechenmodell,
welches dann als konkrete Lautsprecheranordnung mit eigens darauf
abgestimmter Ansteuerung realisiert wird. In der Auslegung der
Parameter können bei Bedarf sogar die Grenzen verfügbarer
realer Materialien gesprengt werden, wie man sie bei "realen"
Biegewellenwandlern akzeptieren müsste:
Ausbreitungsgeschwindigkeit
virtueller Biegewellen auf einer virtuellen Membran sowie deren
Frequenz- und
Richtungsabhängigkeit können nahezu beliebig gewählt
werden, da sie nicht mehr auf realen Materialeigenschaften wie
Elastizitätsmodulen
und Dichte einer
realen Biegewellenmembran beruhen:
Das technische Konzept hat nachweislich das
Potential, speziell im Mittel- Hochtonbereich über die
Auslegungsgrenzen bisher handelsüblicher High-End Biegewellenwandler
weit hinauszugehen und das sogar bei verbesserter Kosten/Nutzen-Relation.
Hier ist auch die Neigung einiger derzeit für Biegewellenmembranen verwendeter Materialien zu nichtlinearen
Verzerrungen zu erwähnen, welche sogar im High-End Bereich oft billigend in Kauf genommen
werden. Der virtuelle Biegewellenlautsprecher kann sich dieser
Problematik praktisch vollständig entziehen.
Abstrahlverhalten: Eine erste
MachbarkeitsanalyseIn der folgenden Simulation wurden bereits einige der o.g. Aspekte eines
Virtuellen Biegewellenwandlers berücksichtigt:
Die Kurvenscharen sind
errechnet für Abstrahlwinkel von 0 Grad (Kurven 1..5), 45 Grad (Kurven 6..10) und 65
Grad (Kurven 11..15). Die
fünf Kurven je Schar entstanden durch Variation des Winkels in
8 Grad Schritten.
Die
Frequenzgänge außerhalb der Achse haben untereinander einen
weitgehend komplementären Verlauf und addieren sich zu einem
ausgewogenen Energiefrequenzgang. Selbst für große
Winkel um ca. 60 Grad außerhalb der Achse bildet sich bis
ca. 10Khz kein Hochtonabfall aus, sondern ein mit der Frequenz sehr
stetiges Bündelungsverhalten. Die Ähnlichkeit des Modells zur
Abstrahlung eines physisch realisierten Biegewellenwandlers (s.u) ist
bereits deutlich erkennbar.
Zum
Vergleich die Messung eines "realen" physisch realisierten Biegewellenwandlers - hier ohne
Korrekturnetzwerk zur Hochtonanhebung - mit Zeitfenster gültig ab
ca. 1Khz:
Die
Messwinkel betragen hier 0 Grad (blau), 30 Grad (rot) und 45
Grad (orange). Die Frequenzgänge zeigen außerhalb der
Achse bei korrekter Auslegung ein dekorreliertes Abstrahlverhalten,
jedoch mit komplementären Frequenzgängen außerhalb der
Achse, welche sich zu einem sehr ausgewogenen Energiefrequenzgang
summieren.
Durch
Verfeinerungen von Aufbau und Ansteuerung wird es sogar möglich
werden, virtuelle Biegewellenwandler mit einem Abstrahlverhalten
herzustellen, welches außerhalb
der Möglichkeiten verfügbarer Materialien
für physische Biegewellenmembranen
liegt.
Angestrebte Bauformen
und Preiskategorien
Die
zu entwickelnden
Lautsprecher sollen als Mittel- Hochtonpaneele mit flacher Bauform
unter 6cm Tiefe ausgeführt werden. Es ist
beabsichtigt, diese
Mittel- Hochtonpaneele als fertig abgestimmte Einheiten auch
für den ambitionierten Lautsprecher-Selbstbau anzubieten. Hier
sollen Einstiegsmodelle trotz besserer Eigenschaften merklich
günstiger als
handelsübliche Konzepte im Bereich der High-End
Biegewellenwandler verfügbar werden.
Durch
einen breiten Bereich an möglichen
Übernahmefrequenzen und gutmütige Anschlusswerte soll die Integration in verschiedenste Lautsprecherkonzepte vom
Vollbereichs-Dipolstrahler bis hin zur Regalbox unterstützt werden.